Kleine Energienovelle im BauGB: 7 Fragen & Antworten zu erneuerbaren Energien

Das Bundeskabinett hat Vorschläge für Änderungen im Baugesetzbuch verabschiedet. Diese hatte das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB), kurz: Bundesbauministerium, zuvor unterbreitet. Mit der „Kleinen Energienovelle“ beziehungsweise dem „Gesetz zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“ soll die Energiesicherheit in Deutschland gestärkt werden. Wir beantworten hier die 7 wichtigsten Fragen und Antworten zur „Kleinen Energienovelle“.

Was ist die „Kleine Energienovelle“?

Mit der „Kleinen Energienovelle“ werde laut der zugehörigen Pressemitteilung des BMWSB

der Ausbau von Windenergie-Anlagen (WEA, auch Windkraftanlagen, kurz: WKA genannt) und Solarstromanlagen (Photovoltaik-Anlagen, kurz: PV-Anlagen) hierzulande beschleunigt,

die Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien unterstützt

und die Nutzung von Windkraft und Biomasse verbessert.

Die Regelung der Biomasseanalgen im Baurecht wurden bereits in die dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) aufgenommen. Nun habe das Ministerium nach eigenen Angaben mit dem Entwurf des "Gesetzes zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht" weitere punktuelle Änderungen im Bauplanungsrecht vorgeschlagen, die einen schnellen und unkomplizierten Beitrag zur Energiesicherheit leisten könnten. Der Gesetzentwurf sei laut der Bunderegierung am 12. Oktober 2022 im Bundeskabinett verabschiedet worden.

Die Bundesbauministerin, Klara Geywitz, sagte dazu, dass viele Haushalte aktuell von den Energie- und Verbraucherpreisen stark belastet würden. Mit Sorge blickten die Menschen ihr zufolge auf die Energieversorgung im anstehenden Winter. Eine wichtige Voraussetzung für eine stabile Energieversorgung und für faire Preise sei der Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Um diesen deutlich voranzubringen, habe die Bundesregierung in den letzten Monaten zahlreiche Verbesserungen bei den Planungs- und Genehmigungsprozessen beschlossen. Mit der Energienovelle leiste das Bauministerium einen weiteren Beitrag zur Versorgungssicherheit und zum Klimaschutz. Es sorge dafür, dass die Möglichkeiten von Windenergie, Photovoltaik, Biomasse und Wasserstoff besser ausgeschöpft werden könnten.

Wie geht es mit dem Gesetzentwurf weiter?

Der vom Bundeskabinett beschlossene Gesetzentwurf wird in der Regel als Nächstes dem Bundesrat und nach dessen Stellungnahme gemeinsam mit eben dieser an den Bundestag weitergeleitet.

7 wichtige Fragen und Antworten zur „Kleinen Energienovelle“

Wir beantworten Ihnen an dieser Stelle die 7 wichtigsten Fragen zu den Änderungen des Baugesetzbuches.

1. Was hat das Baugesetzbuch mit der Energiewende und insbesondere mit dem Ausbau der Erneuerbaren Energien zu schaffen?

Das Baugesetzbuch regelt die rechtlichen Belange rund um die Bauplanung in Deutschland. Es legt somit auch alles rund um den Bau von Anlagen zum erzeugen Erneuerbarer Energie und deren Nutzung fest. Vorrangig kümmert sich das BauGB um die planungsrechtliche Zulässigkeit der Erneuerbare-Energien-Erzeugungs-Anlagen. Diese ist verbindlich für die Bundesländer und Kommunen. So lassen sich gemäß dem geltenden BauGB unter anderem Bereiche festschreiben, wo bestimmte Anlagen zum Erzeugen erneuerbarer Energien, beispielsweise Windenergieanlagen, Wasserstoffanlagen oder Photovoltaikanlagen bevorzugt werden (sogenannte bevorzugte Gebiete, Vorranggebiete).

2. Welche Gründe sprechen für die „Kleine Novellierung“ vom BauGB?

Infolge des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs, den Russland seit Februar gegen die Ukraine führt, sei die Energieversorgungslage in Europa und insbesondere in Deutschland angespannt, erklärt das Bundesbauministerium. Es sehe im beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien jedoch einen Weg aus dieser Krise.

Mit den sogenannten Beschleunigungspaketen (auch Oster- und Sommerpaket genannt, wir berichteten) habe das BMWSB demnach gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) schon die planungsrechtlichen Grundsätze zum Ausbau der Windenergie an Land (onshore) auf eine komplett neue gesetzliche Grundlage gestellt – mit dem Ziel, über das kommende Jahrzehnt hinaus einen starken Ausbau der Windenergie in die Wege zu leiten. Dazu habe man auch das in der Zuständigkeit des BMWSB liegende BauGB angepasst.

3. Wie wird das BauGB in Bezug auf den Ausbau der erneuerbaren Energien geändert?

Der vom BMWSB vorgelegte und vom Kabinett am 12. Oktober 2022 angenommene Entwurf eines „Gesetzes zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die erneuerbaren Energien im Städtebaurecht“ enthalte laut dem Bundesbauministerium zwei weitere gezielte Neuregelungen: zum einen im Bereich Wasserstoff und zum anderen im Bereich Freiflächen für Photovoltaik-Anlagen sowie Windkraftanlagen. Zudem seien neue Regelungen für die gesteigerte Gewinnung von Biomasse getroffen worden. Diese habe man allerdings zwecks schnellerer Umsetzung bereits in die dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes vorgezogen (siehe Frage 4). Laut Bundesbauministerium könnten die genannten Änderungen einen schnellen Beitrag zur Energiesicherheit und zur Stärkung der Erneuerbaren Energien leisten.

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4. Was sind die Neuregelungen für die Produktion von Biomasse/Biogas?

Zum Steigern der Biogasproduktion im sogenannten Außenbereich soll die aktuell geltende Kapazitätsgrenze von 2,3 Millionen Normkubikmetern Biogas pro Jahr am Standort für bereits bestehende Biogasanlagen im Außenbereich ausgesetzt werden – und zwar befristet auf die Jahre 2022, 2023 und 2024. Außerdem werde der Umkreis erweitert, aus dem die verwendete Biomasse stammen dürfe. Mit den Änderungsvorschlägen könnten bestehende Bioenergieanlagen einfach und ohne bauliche Änderungen kurzfristig ihre Gas-, Strom- und Wärmeproduktion steigern.

Das trüge dazu bei, so erklärt das Bundesbauministerium, dass russische Erdgasimporte ersetzt würden. Um eine möglichst rasche Umsetzung zu erzielen, sei diese Neuregelung in die dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes vorgezogen worden. Diese habe der Deutsche Bundestag bereits Ende September verabschiedet.

5. Was sind die Neuregelungen für Wasserstoff?

Vor allem bei hohem Windaufkommen könnte es zu Netzengpässen kommen, die es aktuell erforderlich machten, Windenergieanlagen zeitweise abzuregeln (sogenanntes Einspeisemanagement). Trotz eines steigenden Bedarfs an erneuerbaren Energien für die Sicherstellung der Energieversorgung könne man daher die insgesamt bestehende Erzeugungskapazität aus technischen Gründen nicht immer voll nutzen. Ein klarstellender ausdrücklicher Privilegierungstatbestand für Anlagen zur Herstellung von Wasserstoff in § 249 a des BauGB soll es nun zweifelsfrei ermöglichen, dass Windenergieanlagen bei Netzengpässen nicht abgeschaltet werden müssten. Vielmehr soll überschüssiger Strom künftig am Standort der Windenergieanlage dazu genutzt werden können, mittels Elektrolyseuren Wasserstoff zu produzieren. So sei es möglich, den Strom, der nicht dem Energienetz zuzuführen sei, in einem anderen Energieträger zu speichern und zu nutzen, schreibt das Bundesbauministerium.

Das heißt also, dass Elektrolyseure künftig neben Windkraftanlagen und Solarparks gebaut werden dürfen, wenn sie ausschließlich erneuerbaren Strom verbrauchen. Außerdem gelte laut einem Bericht des Portals Erneuerbare Energien, dass die Wasserstoffanlage eine Fläche von 60 Quadratmetern und eine Höhe von 3,5 Metern nicht übersteigen dürfe.

6. Was sind die Neuregelungen in Bezug auf die Flächen für Photovoltaik-Anlagen und Windenergieanlagen?

Das Nachnutzen sogenannter Tagebaufolgeflächen (Kohleabbauflächen) soll für Windenergieanlagen und Photovoltaikanlagen künftig privilegiert werden.

Eine neue Verordnungsermächtigung erlaube es den betroffenen Ländern hierzu, die Flächen ganz oder teilweise für Windenergieanlagen und/oder Photovoltaik-Anlagen zu verwenden, ohne dass es einer komplizierten und zeitaufwändigen Änderung entgegenstehender Raumordnungs- oder Flächennutzungsplanung oder einer planerischen Ausweisung von Windenergiegebieten bedürfe. Für die Länder hieße das, dass sie diesen Anlagen entgegenstehende Raumordnungs- oder Flächennutzungspläne nicht vorab anpassen müssten. Auch das planerische Ausweisen von Windenergiegebieten sei Dank der Novellierung des Baugesetzbuches nicht mehr nötig.

Laut dem BMWSB würden sich Braunkohle-Abbaugebieten zum Nachnutzen, also zur „Belegung“ mit Windkraftanlagen oder Solar-Freiflächenanlagen (auch Solarparks genannt), besonders gut eignen: Zum einen handele es sich um große Flächen. Zum anderen ließen Anlagen darauf sich leicht an die Energienetzinfrastruktur anschließen, da an diesen Standorten oftmals schon ein guter Anschluss an die Energienetze bestünde. Außerdem seien Umweltbeeinträchtigungen oder Störungen der Nachbarschaft hier meist nicht zu befürchten.

7. Was macht das BMWSB noch, um Erneuerbare Energien auszubauen?

Die Bundesregierung habe nach eigenen Angaben mit den sogenannten Oster- und Sommerpaketen wichtige Weichen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien gestellt.

Neben der in Frage 2 genannten Maßnahme zum Ausbau der Windenergie an Land sei das Raumordnungsgesetz (ROG) novelliert worden, um wichtige (Energie-)Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen. Die Novelle enthalte laut dem BMWSB auch eine Änderung des Windenergieflächenbedarfsgesetzes verbunden, um den Ausbau von Windenergie in geeigneten Gebieten, in denen nicht mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen sei, zu vereinfachen.

Hintergrundwissen zur Tagebaufläche in Deutschland, den künftigen Standorten von Solarparks und Windparks

Spannend ist nach der Aussicht darauf, dass Braunkohle-Abbaugebiete künftig zu Standorten für Windkraftanlagen und Solarparks werden könnten, sich das Potential dieser Flächen anzuschauen.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes (UBA), das sich dabei auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zu aktuellen Flächenstatistik bezieht, umfasste die Fläche, die im Jahr 2020 von Bergbaubetrieben, Steinbruch, Tagebau und Gruben belegt gewesen sei, rund 149.700 Hektar (ha). Das seien 1.497 Quadratkilometer (km²). Zum Vergleich: Die Gesamtfläche der Bundesrepublik betrage laut UBA 357.581 km². Die Tagebauflächen nehmen davon also gut 0,4 Prozent ein. Die weiteren Flächennutzer haben folgende Anteile an der Gesamtfläche Deutschlands:

  • Landwirtschaftlich genutzte Fläche: 50,6 Prozent
  • Wälder und Gehölze: 31 Prozent, davon Wälder 29,8 Prozent
  • Siedlung und Verkehr (SuV-Fläche): 14,5 Prozent. Zur SuV-Fläche würden laut UBA neben Flächen für Wohnen, öffentliche Zwecke oder Gewerbe auch Erholungsflächen, Friedhöfe und Verkehrsflächen zählen.
  • Seen, Flüsse, Kanäle und nahe Küstengewässer: 2,3 Prozent

In der sogenannten restlichen Gesamtfläche stecken die „sonstigen Flächen“: Dabei handele es sich neben den Tagebauflächen („Abbauland“) auch um sogenanntes „Unland“ (Felsen, ehemaliges Militärgelände) und ungenutzte Vegetationsflächen wie Heideland, Moore, Sümpfe, Gehölze und Gewässerbegleitflächen.

Noch kommen jährlich neue Tagebauflächen hinzu. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes auf Basis aktueller Daten der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und des Statistischen Bundesamtes sei im Jahr 2020 eine Fläche von 2.807 Hektar neu vom Tagebau in Anspruch genommen worden. Das komme einer täglichen Flächenneuinanspruchnahme von rund 7,7 ha oder mehr als zehn Fußballfeldern gleich, schreibt das UBA auf seiner Internetseite.

Vom täglichen Flächenverbrauch seitens des Tagebaus seien demnach im Jahr 2020 pro Tag

  • rund 4,4 ha auf den Abbau von Bau- und Industriemineralien,
  • 1,9 ha auf den Abbau von Torf
  • und 1,4 ha auf den Abbau von Braunkohle entfallen.

Trendbarometer: Das UBA berichtet, dass die tägliche Flächenneuinanspruchnahme seitens des Tagebaus im Jahr 2020 – verglichen mit Zahlen des Vorjahres 2019 – nahezu konstant geblieben sei. Im Jahr 1994 habe der tägliche Flächenverbrauch – also das Ausmaß der täglichen neu hinzukommenden Flächenbeeinträchtigung oder Bodenzerstörung seitens des Rohstoffabbaus – noch rund 9,3 ha betragen. Seitdem sei der Flächenverbrauch nach Berechnungen des UBA basierend auf Daten der BGR um 17,5 Prozent gesunken. Damit falle der Rückgang bei der jährlichen Flächenneuinanspruchnahme geringer aus, als der Rückgang der Rohstoffentnahme vermuten lasse, erklärt das UBA.

Es erklärt zudem, dass zwischen der Neuinanspruchnahme von Flächen für den Rohstoffabbau und ihrer Aufgabe und Renaturierung beziehungsweise ⁠Rekultivierung⁠ Jahre oder Jahrzehnte liegen könnten. Das führe dazu, dass die die Fläche, die derzeit vom Rohstoffabbau belegt und überformt sei, deshalb wesentlich größer als die jährlich neu in Anspruch genommene Fläche sei.

Die im Jahr 2020 insgesamt vom Tagebau belegte Fläche (rund 1.497 km²) sei daher etwa 53 Mal so groß, wie die jährlich neu in Anspruch genommene.

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