Befreiung von der Umsatzsteuer auch für bestehende Photovoltaik-Anlagen

Seit Anfang 2023 werden neue Photovoltaik-Anlagen mit null Prozent Umsatzsteuer verkauft, was für Betreiber dieser Anlagen einen erheblichen Steuervorteil darstellt. Frühere Käufer mussten sich hingegen mit komplizierten bürokratischen Prozessen herumschlagen und für den privaten Eigenverbrauch Umsatzsteuer zahlen. Doch auch für bereits vorhandene Anlagen eröffnet die Finanzverwaltung eine Befreiungsmöglichkeit.


Photovoltaik-Anlagen, die Strom ins Netz einspeisen oder anderweitig an Dritte liefern, werden steuerrechtlich als Gewerbebetrieb betrachtet. Daher müssen auch Besitzer solcher Anlagen prüfen, welche umsatzsteuerlichen Regelungen auf sie zutreffen. Grundsätzlich unterliegt das Erzeugen und Verkaufen von Strom der Umsatzsteuer. Es liegt in der Verantwortung des Anlagenbetreibers, die entsprechenden steuerlichen Vorschriften einzuhalten.
Allerdings gibt es in der Umsatzsteuer eine Bagatellgrenze, nämlich die Kleinunternehmerregelung. Diese ermöglicht es Personen mit einem Jahresumsatz von bis zu 22.000 Euro, von der Umsatzsteuerpflicht befreit zu werden. In der Praxis liegen private Photovoltaik-Anlagen in der Regel unter dieser Schwelle. Dabei müssen jedoch alle potenziell umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen einer Person zusammengerechnet werden, unabhängig von ihrer Herkunft - zum Beispiel Einnahmen aus einer Photovoltaik-Anlage, einer Hobbyimkerei und einer selbständigen Vertriebstätigkeit.


Vor 2023 war es üblich, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten und stattdessen zur Umsatzsteuerpflicht zu optieren, um den Vorsteuerabzug zu erhalten. Dadurch konnten umsatzsteuerpflichtige Unternehmer die Mehrwertsteuer, die sie ihren Lieferanten zahlten, vom Finanzamt erstattet bekommen. Ein Photovoltaik-Betreiber konnte die Anlage so letztendlich ohne Umsatzsteuer kaufen, musste aber eine Menge zusätzlicher und fehleranfälliger Steuerbürokratie bewältigen.


Für den privat verbrauchten Solarstrom musste der umsatzsteuerpflichtige Betreiber aufgrund des Vorsteuerabzugs auch Umsatzsteuer zahlen, zumindest bis zum Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist für den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung. Danach konnte der umsatzsteuerpflichtige Anlagenbetreiber doch noch zur Kleinunternehmerregelung wechseln und war ab dann von weiteren Umsatzsteuerzahlungen für den Eigenverbrauch befreit.


Mit der Einführung des Umsatzsteuersatzes von "null" für den Verkauf von Photovoltaik-Anlagen ist dieser komplizierte Steuerspartrick nun obsolet geworden: Der Käufer einer Photovoltaik-Anlage zahlt bereits keine Umsatzsteuer, wodurch die weniger bürokratische Kleinunternehmerregelung vorteilhafter ist. Umsatzsteuer für den privaten Eigenverbrauch fällt ebenfalls nicht mehr an.


Lösungen für bereits existierende Anlagen


Für Besitzer von Photovoltaik-Anlagen, die bis Ende 2022 erworben wurden, gab es zwei Optionen: Entweder auf die Kleinunternehmerregelung verzichten oder den Vorteil des niedrigeren Kaufpreises mit erstatteter Mehrwertsteuer in Anspruch nehmen. Viele entschieden sich daher für die Umsatzsteuerpflicht.


Jedoch hat die Finanzverwaltung mit den Anfang 2023 in Kraft getretenen Neuerungen in der Umsatzsteuer auch für bestehende Anlagen einen Weg eröffnet, um zumindest die Umsatzsteuerzahlungen für den Eigenverbrauch zu beenden. Der Schlüssel dazu liegt in den Erläuterungen des Bundesfinanzministeriums zur gesetzlichen Neuregelung (BMF-Schreiben vom 27. Februar 2023 zur Umsatzsteuer) unter Randnummer 5.


Gemäß diesen Erläuterungen kann die Photovoltaik-Anlage vollständig in den privaten Bereich überführt werden, "wenn voraussichtlich mehr als 90 Prozent des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden." Dies bezieht sich auf den privaten Stromverbrauch aus der Photovoltaik-Anlage. Das BMF erklärt, dass es "insbesondere" davon ausgeht, wenn ein Teil des erzeugten Stroms beispielsweise in einer Batterie gespeichert wird.


Fachleute wie der Steuerberater Stefan Mücke gehen davon aus, dass diese Vereinfachung nicht nur für stationäre Batteriespeichersysteme gilt, sondern auch für Elektroautos und Wärmepumpen. Dies wurde seit Mitte Oktober auch durch das BMF in den FAQs zum Nullsteuersatz auf seiner Website bestätigt. Die Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen ergänzt, dass dies selbst dann gilt, "wenn nach der Entnahme tatsächlich mehr als 10 Prozent des erzeugten Stroms weiterverkauft werden", zum Beispiel durch Einspeisung ins Netz.


Für diejenigen, die weder Batterie, Wärmepumpe noch Elektroauto nutzen, bietet das BMF-Schreiben noch die etwas vage Formulierung, dass es auch ausreiche, "wenn eine Rentabilitätsrechnung eine Nutzung für unternehmensfremde Zwecke von über 90 Prozent nahelegt." Wie diese Rentabilitätsrechnung aussehen könnte, wird von der Finanzverwaltung nicht näher erläutert.


Die Ingolstädter Steuerberaterin Sybille Wirth zweifelt jedoch die vom BMF eingeführte Sonderbehandlung für Bestandsanlagen grundsätzlich an: "Die Photovoltaik-Anlage kann auf gesetzlicher Grundlage sowieso umsatzsteuerlich jederzeit und auch anteilig entnommen werden. Eine mindestens 90-prozentige Privatnutzung als Voraussetzung zu verlangen, wie es die Finanzverwaltung hier vorschreibt, hat keine rechtliche Grundlage und würde vor den Finanzgerichten keinen Bestand haben. Aufgrund der meist kleinen Beträge lohnt sich im Einzelfall aber eine Klage vermutlich nicht."


Trotzdem empfiehlt sie, die Entnahme zu erklären. Sollte das Finanzamt dem nicht zustimmen, sollte man widersprechen und dies mit Verweis auf die Zuordnungsmöglichkeit im Umsatzsteuergesetz begründen. Wenn keine Einigung mit dem Finanzamt erzielt werden kann, muss man gegebenenfalls noch bis zum Ablauf der Bindungsfrist und dem Wechsel zur Kleinunternehmerregelung Umsatzsteuer für den Eigenverbrauch zahlen.
Durch die umsatzsteuerliche Entnahme der Photovoltaik-Anlage aus der unternehmerischen Zuordnung im steuerrechtlichen Sinn entfällt die Notwendigkeit, den privaten Solarstromverbrauch mit Umsatzsteuer zu belasten. Die "unentgeltliche Wertabgabe" entfällt somit. Die Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens liegt darin, dass für die Entnahme nun ebenfalls der Nullsteuersatz angewendet wird, selbst wenn die PV-Anlage in Vorjahren mit dem normalen Umsatzsteuersatz erworben wurde.


Es ist jedoch zu beachten, dass gewisse Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit die Entnahme zum Nullsteuersatz erfolgen kann. Gemäß den Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes muss die Photovoltaik-Anlage entweder eine maximale Modulleistung von 30 Kilowatt haben oder es müssen größere Anlagen auf einem Wohngebäude, öffentlichen Gebäude oder einem gemeinnützig genutzten Gebäude installiert worden sein. In Bezug auf private Wohnhäuser trifft dies in der Regel zu.


Die umsatzsteuerliche Entnahme muss gegenüber dem Finanzamt erklärt werden und wird erst mit dieser Erklärung wirksam. Eine rückwirkende Entnahme ist nicht möglich. Ab dem Zeitpunkt der Entnahme unterliegt der private Eigenverbrauch nicht mehr der Umsatzsteuer.
Es bleibt die Frage, wann der Betreiber zur Kleinunternehmerregelung wechseln kann. In diesem Fall gilt weiterhin eine Bindungsfrist von fünf Kalenderjahren, wenn er im Jahr der Investition zur Umsatzsteuer optiert hat.

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Wer kann wann in die Kleinunternehmerregelung wechseln?


Steuerpersonen, die im Jahr, zusammen mit allen umsatzsteuerpflichtigen Einkünften, einschließlich der Einnahmen aus der Photovoltaik-Anlage, maximal 22.000 Euro Bruttoeinnahmen erzielen, können in die Kleinunternehmerregelung eintreten. Diese Steuerperson kann eine natürliche Person sein oder eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus mehreren Personen, wie beispielsweise eine Ehegatten-GbR.


Wer sich für die Umsatzsteuerpflicht entscheidet, ist für einen Zeitraum von 5 Kalenderjahren ab dem Beginn der Anschaffung gebunden. Der Wechsel ist dann kalenderjährlich möglich. Es wird empfohlen, zum nächstmöglichen Jahresbeginn zu wechseln. Ein rückwirkender Wechsel ist zwar möglich, jedoch führt dies zu Komplikationen bei der Einspeiseabrechnung und ist daher nicht zu empfehlen.


Es ist wichtig, den Wechsel auch dem Netzbetreiber mitzuteilen, damit dieser keine Umsatzsteuer mehr für die Einspeisevergütung abrechnet und bezahlt.


Zum Januar 2024 ist ein Wechsel von der Umsatzsteuerpflicht in die Kleinunternehmerregelung möglich für diejenigen, die im Jahr 2019 oder früher zur Umsatzsteuerpflicht optiert hatten.


Beispielhafter Fall im Detail


Angenommen, eine Photovoltaik-Anlage wurde im Jahr 2021 angeschafft und zur Umsatzsteuerpflicht optiert. Der Betreiber erhielt die beim Kauf bezahlte Mehrwertsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet und bezahlt seitdem für den privaten Eigenverbrauch 19 Prozent Umsatzsteuer.
Der Netzbetreiber zahlt zusätzlich zur gesetzlichen Vergütung Umsatzsteuer für die Einspeisevergütung. Daher ist es wichtig, dem Netzbetreiber mitzuteilen, ob der Einspeiser umsatzsteuerpflichtig ist oder die Kleinunternehmerregelung wählt, sowie den Wechsel zwischen diesen Optionen. Die vom Netzbetreiber erhaltene Umsatzsteuer muss ebenfalls ans Finanzamt abgeführt werden.


Die Bindungsfrist zur Umsatzsteuerpflicht beträgt fünf Kalenderjahre, also von 2021 bis 2025. Ab 2026 kann in die Kleinunternehmerregelung gewechselt werden, wobei der Wechsel nur kalenderjährlich möglich ist. Eine vorzeitige Ankündigung beim Finanzamt (und dem Netzbetreiber) für den Beginn des Jahres nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist ab dem Anschaffungsbeginn ist möglich.


Wenn der Betreiber die Photovoltaik-Anlage im November 2023 umsatzsteuerlich entnimmt, muss er ab diesem Zeitpunkt für den privaten Solarstromverbrauch keine Umsatzsteuer mehr bezahlen. Für die Einspeisung erhält er jedoch weiterhin Umsatzsteuer vom Netzbetreiber und muss diese ans Finanzamt abführen, da sich an der Umsatzsteuerpflicht des Betreibers zunächst nichts geändert hat. Auch der Verkauf von Strom an Dritte unterliegt der Umsatzsteuer.


Der Nullsteuersatz darf nicht mit einer Befreiung von der Umsatzsteuer verwechselt werden. Der Anlagenbetreiber muss weiterhin jährliche Umsatzsteuererklärungen abgeben, solange die Bindungsfrist noch nicht abgelaufen ist. In der nächsten Erklärung nach der Entnahme muss auch die Entnahme selbst als Umsatz beziffert werden, allerdings mit einem Steuersatz von null Prozent. Eine Vorsteuerberichtigung ist laut Finanzverwaltung nicht erforderlich, da es sich formal nicht um eine steuerfreie Entnahme handelt, sondern um eine steuerpflichtige Entnahme mit einem Steuersatz von null Prozent.


Es ist wichtig zu beachten, dass der Begriff "Eigenverbrauch" oft missverstanden wird. Im Kontext dieses Textes bezieht sich der Eigenverbrauch auf den Verbrauch von selbst erzeugtem Solarstrom im privaten Haushalt, also zu nichtunternehmerischen Zwecken. Der betriebliche Eigenverbrauch von Photovoltaik-Anlagen auf Firmendächern unterliegt nicht der Umsatzbesteuerung, wenn der Gewerbebetrieb die Photovoltaik-Anlage als eigenes Wirtschaftsgut angeschafft hat.


Es gibt jedoch immer noch Missverständnisse in den Finanzämtern bezüglich der praktischen Anwendung der neuen Umsatzsteuerregeln für Photovoltaik-Anlagen. Einige Finanzämter drohen beispielsweise mit der Nichtanwendung des Nullsteuersatzes, einer Vorsteuerrückzahlung oder der Berichtigung des Vorsteuerabzugs. Hier sollte Widerspruch eingelegt werden und auf die gesetzlichen Regelungen sowie die verbindliche Auslegung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben) hingewiesen werden. Einige Steuerberater wie Mücke berichten von solchen kuriosen Fehlentscheidungen einzelner Finanzämter aus verschiedenen Bundesländern.

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Nullsteuersatz auch für 2022 begonnene Photovoltaikanlagen mit Batterie


Aufgrund von Lieferverzögerungen bei Batteriespeichern kam es häufig zu der Frage, ob Aufträge auch mit dem Nullsteuersatz abzurechnen sind, wenn die Photovoltaik-Anlage bereits 2022 installiert wurde und der Batteriespeicher erst im Jahr 2023 geliefert und installiert wurde.


Der Steuerjurist Atanas Mateev von der in München ansässigen Kanzlei KMLZ, die sich auf Umsatzsteuer spezialisiert hat, bejaht dies ausdrücklich. Wenn der Auftrag von Anfang an über die Lieferung und Installation einer Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher lautete, handele es sich grundsätzlich um eine einheitliche Lieferung und Leistung, die erst mit der Installation des Batteriespeichers abgeschlossen sei.


Er stützt sich insbesondere auf Nummer 3.10, Absatz 3 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses. Es würde nur dann etwas Anderes gelten, wenn die Vertragspartner ausdrücklich Teilleistungen vertraglich vereinbaren würden. Wenn der Zeitpunkt der vollständigen Leistung somit erst im Jahr 2023 liege, müsse insgesamt mit dem Nullsteuersatz abgerechnet werden. Abschlagsrechnungen aus 2022 müssten dann in der Schlussrechnung korrigiert und die bereits vom Verkäufer ans Finanzamt bezahlte Umsatzsteuer wieder rückabgewickelt werden.


Auch die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Katja Hessel, bestätigte diese Einschätzung auf Nachfrage des Bundestagsabgeordneten Fritz Güntzler. Bereits im Jahr 2021 hätten die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder beschlossen, dass bei gleichzeitiger Anschaffung einer Photovoltaik-Anlage und eines Stromspeichers umsatzsteuerrechtlich eine Sachgesamtheit vorliegt. Der Nullsteuersatz des § 12 Absatz 3 des Umsatzsteuergesetzes sei auf diese einheitliche Leistung dann anzuwenden, wenn sie nach dem 31. Dezember 2022 ausgeführt worden ist. Werklieferungen würden dabei grundsätzlich im Zeitpunkt ihrer Vollendung ausgeführt. Anders sei dies bei einer Batterie, die separat gekauft und nachgerüstet werde, so Hessel.

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