BGH-Urteil zu Baukostenzuschüssen: Was das für Batteriespeicher und den Netzausbau bedeutet

17/7/2025

Im Juli 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine wegweisende Entscheidung zum sogenannten Baukostenzuschuss (BKZ) im Zusammenhang mit Batteriespeichern gefällt. Der BGH erklärte, dass Verteilnetzbetreiber nicht verpflichtet sind, solche Zuschüsse beim Netzanschluss von netzgekoppelten Speichern auszuschließen. Damit setzt Karlsruhe einen neuen, rechtlich bedeutsamen Rahmen für die wirtschaftliche Planung von Energiespeichern.

Für Betreiber von Photovoltaik-Freiflächen und Flächeneigentümer, die an langfristige Pachtverträge mit Speicherkomponenten denken, ist dieses Urteil von hoher Bedeutung – denn es beeinflusst direkt die Kostenstruktur und die Investitionsrisiken von Speicherprojekten.

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Was ist ein Baukostenzuschuss (BKZ)?

Der Baukostenzuschuss ist ein einmaliger finanzieller Beitrag des Anschlussnehmers (z. B. Betreiber einer Anlage), den ein Netzbetreiber nach § 11 der Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV) oder entsprechenden Regelungen verlangen darf, wenn ein Netzanschluss oder eine Verstärkung des Netzes erforderlich ist. Er soll helfen, die Investitionen für vorgelagerte Netzkomponenten (Leitungen, Transformatoren, Komponenten zur Netzstabilisierung) anteilig auf die Verursacher zu verteilen.

Dabei gilt:

  • Der Zuschuss ist leistungsabhängig (nicht verbrauchsabhängig).
  • In Niederspannungsnetzen ist ein Teil der Leistung (häufig bis etwa 30 kW) meist von Zuschussforderungen befreit.
  • Er wird einmalig erhoben — bei Erweiterung oder Leistungssteigerung kann ein neuer Zuschuss fällig werden.
  • Netzbetreiber sollen so Anreize erhalten, einen möglichst bedarfsgerechten Netzanschluss zu wählen (Vermeidung von Überdimensionierung)

Für viele klassische Verbraucher oder Erzeugungsanlagen – darunter Photovoltaikanlagen – ist diese Zuschussregelung bereits bekannt. Die große juristische Fragestellung war bisher, ob Batteriespeicher bei Netzanschluss denselben Regeln unterliegen oder ob sie gesondert zu behandeln sind.

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Hintergrund des Rechtsstreits

Der zugrundeliegende Fall betraf Kyon Energy, die 2021 den Anschluss eines netzgekoppelten Batteriespeichers mit einer Lade-/Entladeleistung von 1,725 MW und einer Speicherkapazität von 3,450 MWh beantragte. Der betreffende Verteilnetzbetreiber forderte daraufhin einen Baukostenzuschuss, berechnet gemäß dem Leistungspreismodell der Bundesnetzagentur (Positionspapier 2009). Kyon Energy wandte sich 2022 an die Bundesnetzagentur mit dem Antrag, diese Zuschussforderung zu untersagen. Die Behörde lehnte ab. Das OLG Düsseldorf hob später den Bescheid der Netzagentur auf und hielt den Zuschuss für diskriminierend (§ 17 Abs. 1 EnWG). Gegen diese Entscheidung legte die Bundesnetzagentur Rechtsbeschwerde ein – und der Fall kam vor den BGH.

Am 15. Juli 2025 entschied der Kartellsenat des BGH, dass die Bundesnetzagentur nicht verpflichtet sei, Netzbetreibern die Erhebung eines Baukostenzuschusses – auch für Batteriespeicher – zu untersagen. Der BGH hob das OLG-Urteil auf und betonte, dass ein Leistungspreismodell-zentrierter Zuschuss auch bei netzgekoppelten Speichern grundsätzlich zulässig sei. Ein zentraler Punkt: Der BGH erkannte zwar Unterschiede zwischen Speichern und klassischen Letztverbrauchern (Stromaufnahme vs. Einspeisung), hielt aber eine Gleichbehandlung „nach Sinn und Zweck“ für objektiv gerechtfertigt. Der Verteilnetzbetreiber erhalte einen Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Erhebung solcher Zuschüsse. Darüber hinaus führte der BGH aus, dass die von der Bundesnetzagentur vorgelegten Vorgaben zulässigerweise als Ausgleich der Netzkosten und als Steuerungsinstrument interpretiert werden dürften. 

Wichtig: Der BGH lehnte die Argumentation ab, dass unionsrechtliche Vorgaben (z. B. Energiebinnenmarktrichtlinie) ein Verbot solcher Zuschüsse ableiten würden.

Wirkung auf Speicher- und Hybridprojekte

Aus Sicht der Speicherbranche ist das Urteil zunächst ein Rückschritt, da es eine potenzielle Erlösschmälerung für Netzanschlüsse offenlässt. Viele Projektentwickler hatten gehofft, dass Batteriespeicher gesondert privilegiert würden, insbesondere aufgrund ihrer potenziell netzdienlichen Funktion. Der BGH stellt ausdrücklich fest, dass der Baukostenzuschuss auch dann gerechtfertigt sein kann, wenn ein Speicher netzdienlich operiert – solange die Zuschussregelung transparent, diskriminierungsfrei und verhältnismäßig gestaltet ist. Damit verschiebt sich die Frage weg von grundsätzlicher Zulässigkeit hin zu Gestaltung und Bemessung solcher Zuschüsse: Wie sollen sie bemessen werden, wie stark können Differenzierungen erfolgen, und wie weit reicht der Entscheidungsspielraum der Netzbetreiber?

Chancen & Risiken für Flächeneigentümer und Solarparkpächter

Für Eigentümer von Flächen, die an eine Verpachtung mit Speicheranbindung denken, ergeben sich folgende Konsequenzen:

Chancen:

  • Die rechtliche Klarstellung reduziert ein Risiko in der Projektfinanzierung: Netzanschlüsse von Batteriespeichern können grundsätzlich mit Baukostenzuschuss kalkuliert werden.
  • In konkreten Verhandlungen könnten Pachtverträge an die Zuschussstruktur angepasst werden – etwa durch Kostenbeteiligungen, Abschlagsregelungen oder incentivierte Betriebsstrategien.
  • In Regionen mit schwacher Netzstruktur oder hohen Anschlusskosten bleiben Speicherlösungen planbar, sofern der Zuschussrahmen transparent ist.

Risiken und Herausforderungen:

  • Die Höhe des Baukostenzuschusses kann in Einzelfällen beträchtlich sein – gerade bei großen Anlagen mit hoher Anschlussleistung.
  • Da Netzbetreiber Spielräume haben, kann es zu unterschiedlich hohen Zuschlägen kommen – abhängig von Standort, Netzlage und Bewertung durch den Netzbetreiber.
  • Die netzdienliche Funktion eines Speichers wird aus Sicht des BGH nicht automatisch zum Kostenrabatt führen; das Urteil betont: Der Netzbetreiber darf, muss aber nicht Sonderregelungen gewähren.
  • In Fällen, in denen der Speicher Überschüsse ins Netz einspeist, könnte die „Lastseite“ des Netzbezugs als Basis des Zuschusses gelten, das Einspeisen aber nicht positiv berücksichtigt werden.

Bewertung im Gesamtkontext der Energiewende und Netzplanung

Das Urteil rechnet mit der Idee ab, dass Speicher grundsätzlich bevorzugt werden müssten, weil sie das Netz entlasten könnten. Der BGH verweist darauf, dass eine Entlastung des Gesamtnetzes nicht zwangsläufig eine Entlastung des lokalen Anschlussnetzes bedeutet. Damit bleibt der Ausbau der Netzinfrastruktur ein wesentlicher Engpass der Energiewende – auch Speicherprojekte müssen sich in das bestehende Netzgefüge einreihen und die anfallenden Kosten mittragen. Gleichzeitig signalisiert das Urteil, dass Speicher keine Extrawurst beanspruchen dürfen – er muss sich in das Regelsystem der Netzanschlusskosten einordnen, mit dem Ziel, Netzausbaukosten fair auf Verursacher zu verteilen.

Das BGH-Urteil bestätigt die rechtliche Zulässigkeit von Baukostenzuschüssen auch beim Netzanschluss von Batteriespeichern und räumt Netzbetreibern Ermessensspielräume bei der Ausgestaltung ein. Für Projektentwickler, Investoren und Flächeneigentümer bringt dies mehr Planungssicherheit, gleichzeitig aber keine Garantie für niedrige Zuschüsse.

Wer frühzeitig Netzbedingungen, Standortcharakteristika und vertragliche Gestaltungsspielräume analysiert, kann das Risiko steuern und Speicherlösungen wirtschaftlich strukturieren. Für Landverpachtungsperspektiven mit Speicherkomponente gilt: Die Kostenbelastung durch den BKZ ist ein wichtiger Faktor bei der Ertragsplanung – und muss von Anfang an berücksichtigt werden.

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